Wer nicht selbst eigene Erfahrungen in diesem Sport gemacht hat, wird bei den meisten Elementen kaum einen Unterschied erkennen können. Bei den Pirouetten ist es offensichtlich, dass es verschiedene Varianten gibt, aber sobald es um die Sprünge geht, ist man schon total überfordert, denn alles passiert so schnell und man meint dass alle Sprünge sowieso gleich sind: man springt ab, dreht sich möglichst oft um die eigene Achse und landet dann entweder wieder auf einem Bein oder auf dem Hintern.
In der Einzeldisziplin im Eiskunstlaufen gibt es sechs verschiedene Sprünge: Rittberger, Axel, Salchow, Toe Loop, Flip und Lutz. Man unterteilt die verschiedenen Sprünge in Kantensprünge, bei welchen der Sprung von einer bestimmten Schlittschuhkante ausgeführt wird, und getippten Sprünge, bei welchen das Spielbein kurz mit der Zacke ins Eis tippt und damit beim Absprung hilft.
Rittberger, Axel und Salchow gehören zu den Kantensprüngen, Toe Loop, Flip und Lutz gehören zu den getippten Sprüngen. Alle Sprünge werden in Laufrichtung rückwärts abgesprungen und derselben wieder gelandet. Die einzige Ausnahme bildet der Axel: dieser Sprung wird in Laufrichtung vorwärts abgesprungen, aber auch wieder auf rückwärts gelandet. Oft hört man im TV bei großen Wettbewerben Kommentare wie: „der Sprung war nicht ganz rum“. Das bedeutet, dass die Rotation des Sprungs nicht ganz vollendet war. Man stelle sich hier das Ziffernblatt einer Uhr vor. Die Landung eines Sprungs liegt im Idealfall bei 12 Uhr oder fünf Minuten nach. Laut der neuen Regel werden alle Sprünge die nach dem ersten Viertel gelandet sind mit nur 70% des Ursprungswertes oder weniger gezählt. Um das zu bestimmen gibt es mittlerweile Zeitlupeneinspielungen und Zoom, die kein Detail unbemerkt lassen. Auch was die Rotationsrichtung der Athleten betrifft gibt es einen ganz natürlichen Unterschied. So wie man Rechtshänder und Linkshänder unterscheidet, gibt es Läufer, die sich rechts um die eigene Achse oder links drehen. Das entscheidet sich schon bei den ersten Kursen, je nachdem in welche Richtung sich das Kind spontan dreht.
Alle Sprünge werden in ihrer Rotation einfach, doppelt oder dreifach ausgeführt. Hier bildet der Axel wieder eine Ausnahme, denn dadurch dass er von vorwärts abgesprungen wird, hat er schon eine halbe Umdrehung mehr. So spricht man beim einfachen Axel von eineinhalb Umdrehungen, beim Doppelaxel von zweieinhalb und beim Dreifachaxel von dreieinhalb Umdrehungen. Sprünge von höchstem Niveau sind logischerweise die mit den meisten Umdrehungen, also die Dreifachsprünge. Die Männer der absoluten Weltspitze beherrschen sogar ein oder zwei Vierfachsprünge. Dazu braucht man abgesehen von einer sehr guten Sprungtechnik auch eine enorme Sprung- und Rotationskraft. Von einer Sprungkombination spricht man, wenn ein Athlet zwei bis drei Sprünge unmittelbar hintereinander springt. Mit der Einführung des neuen Wertungssystems stellen auch die Pirouetten eine neue Herausforderung für jeden Athleten dar.
Früher waren Pirouetten Elemente, die nicht so stark in die Bewertungen eingeflossen sind. Heutzutage kann man einer der weltbesten Springer sein, aber wenn man die Pirouetten nicht auch einwandfrei beherrscht, hat man keine Chance auf einen Platz ganz vorne. Ein Beispiel: der Doppelaxel bringt im Wettbewerb 3,3 Punkte, während eine Kombipirouette mit Level 4 (dem höchsten Level) 3,5 Punkte bringt. Das Positive daran ist, dass auch ein Läufer, der Sprungtechnisch nicht hochkarätig ist, eine Chance auf gute Punkte hat, wenn er andere Elemente wie Pirouetten und Schritte sehr gut beherrscht. Das macht das Gesamtpaket Eiskunstlaufen aus. Bei den Pirouetten gibt es drei Basispositionen, wobei es bei jeder dieser Basispositionen verschiedene Abwandlungen gibt, welche man im Fachjargon „Schwierige Positionen“ und „Features“ nennt, für die man höhere Level und dementsprechend auch mehr Punkte bekommt. Zu den Basispositionen gehören:
- die Standpirouette: sie zeichnen sich dadurch aus, dass man sich in einer aufrechten Position um die eigene Achse dreht.
- die Sitzpirouette, die wie der Name schon sagt in einer „sitzenden“ Position ausgeführt wird, wo das Standbein einen Winkel von mindestens 90° zum Eis betragen muss
- die Waagepirouette: hier befindet sich der Körper in einer waagerechten Haltung zum Eis, Spiel- und Standbein sind gestreckt und bilden wieder einen Winkel von 90°.
Von einer Kombipirouette spricht man, wenn man die verschiedenen Positionen in einer Pirouette kombiniert.
Hier gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade die von 1 (niedrig) bis 4 (maximal) reichen und dementsprechend einen Unterschied in der Punkteanzahl haben. Was die erste Phase der Pirouette, den Einlauf betrifft, kann man diese aus einem Schritt oder aus einem kleinen Sprung beginnen.
Ein dritter Teil der Elemente im Eiskunstlaufen sind die Schrittfolgen und Verbindungen. Sie bestehen aus eine Vielzahl von Schritten und Drehungen, die eine gute Beherrschung der Schlittschuhkaten erfordern. Die Schrittsequenzen kann man entweder in gerader Linie, im Kreis oder in Serpentinenform ausführen. Alle Varianten müssen aber die ganze Eisfläche ausfüllen. Auch hier gibt es wieder die Einstufung in die verschiedenen Level eins bis vier.
Doch Eiskunstlaufen wäre nur ein langweiliges „von einem Element zum anderen laufen“ wenn alles nicht in eine schöne Choreographie verpackt wäre. Hier helfen Trainer und Choreographen dem Läufer beim Auswählen und Einstudieren, um es individuell auf Geschmack und Charakter abzustimmen. Jeder Läufer hat seine persönliche Geschichte auf dem Eis und viele Weltbekannte Läufer schaffen es die perfekte Kombination zwischen Sport und Choreographie zu bilden und bleiben einem so für immer in Erinnerung, wie z.B. Katharina Witt mit „Carmen“ oder Alexei Yagudin und „Der Mann in der eisernen Maske“.
(Artikel aus Ice Affairs Nr. 13)